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Bullen und Bären kämpfen um Gold
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Gold glänzt heller als je zuvor. Nach einem Anstieg von 27 % im Jahr 2024 hat es seinen Schwung ins neue Jahr mitgenommen, klettert jede Woche höher und stellt neue Rekorde auf. Diese starke Rallye lässt Investoren fragen, wie viel Aufwärtspotenzial für Gold noch besteht.
In der Vergangenheit gab die inverse Korrelation zwischen Realzinsen und Goldpreis eine gewisse Richtung vor. Dies ist sinnvoll, da niedrigere Zinssätze die Opportunitätskosten für das Halten von Gold, einem nicht rentierlichen Vermögenswert, senken. Gleichzeitig macht eine höhere Inflation Gold als Sachwert attraktiver, da es als Absicherung gegen den Wertverlust von Papierwährungen dient. Die jüngsten Markttrends zeigen jedoch, dass diese langjährige Korrelation zwischen Gold und Realzinsen nicht mehr besteht. Trotz steigender Realzinsen ist der Goldpreis weiter gestiegen. Dies deutet darauf hin, dass andere Faktoren eine Rolle spielen. In diesem Artikel untersuchen wir sowohl die Kräfte, die den Anstieg unterstützen, als auch die potenziellen Risiken, die seine Dynamik dämpfen könnten.
Die historisch inverse Korrelation zwischen Realzinsen und Gold ist zusammengebrochen

Quelle: DPAM, 2025
Der Bulle stürmt voran
Einer der wichtigsten Faktoren für die Goldrallye im vergangenen Jahr war der Anstieg der Käufe durch die Zentralbanken, insbesondere in Asien. Das Einfrieren der russischen Devisenreserven im Jahr 2022 war ein Warnsignal an die ganze Welt, dass Washington die auf Dollar lautenden Vermögenswerte eines jeden Landes willkürlich beschlagnahmen kann. Als Reaktion darauf beschleunigten Zentralbanken wie die People's Bank of China (PBoC) ihre Abkehr vom Dollar und ersetzten die Bestände an US-Staatsanleihen durch Gold – ein neutrales, nichtstaatliches, hartes Gut, das mehr Sicherheit bietet. Wir glauben, dass sich dieser Trend fortsetzen wird.
Vor einigen Wochen erklärte der neue US-Außenminister Marco Rubio, dass es nicht normal sei, dass die Welt von einer einzigen Supermacht dominiert wird, und dass wir uns wieder auf ein multipolares System zubewegen. Betrachtet man vergangene multipolare Epochen, wie z. B. die Zeit während des Ersten und Zweiten Weltkriegs, so lag der Anteil von Gold an den globalen internationalen Reserven bei etwa 80 %, was viel höher ist als die heutigen 20 %.
Investoren werden sich auch zunehmend der Haushaltsherausforderungen bewusst, mit denen viele Länder konfrontiert sind. Angesichts der sich verschlechternden demografischen Lage und des geringen Produktivitätswachstums wird die langfristige Tragfähigkeit der Verschuldung zu einem echten Problem. Wenn die Regierungen dies nicht angehen, könnte dies zu einer Geldentwertung führen, bei der die Realzinsen niedrig gehalten werden, um die Währung abzuwerten – und damit auch die Schuldenlast. In einem solchen Szenario könnten US-Staatsanleihen ihren Status als weltweit führendes Reservevermögen zugunsten von Gold verlieren, das seinen realen Wert behält. Die wichtigere Rolle von Gold im Finanzsystem spiegelt sich auch in den neuen Basler Vorschriften wider, die physisches Gold nun als Tier-1-Vermögenswert einstufen und es als Bargeldäquivalent behandeln.
Schließlich wird Gold auch durch den sogenannten „Trump Trade“ unterstützt. Die Politik und Rhetorik von Trump – wie etwa das gesunkene Vertrauen in internationale Institutionen und eine Hinwendung zum Wirtschaftsnationalismus – haben zu einer erhöhten geopolitischen und wirtschaftlichen Unsicherheit beigetragen. Dieses Umfeld ist natürlich ein gutes Zeichen für Gold, ein traditionelles „sicheres Anlagegut“. Aber Gold könnte auch direkter betroffen sein. Trumps Bemühungen, den US-Dollar zu schwächen, könnten zu einer höheren Nachfrage nach physischem Gold führen, wodurch es für Käufer, die andere Währungen verwenden, erschwinglicher wird. Investoren befürchten auch, dass Trump neue Zölle auf Rohstoffimporte, einschließlich Gold, einführen könnte. Dies hat bereits zu einem Anstieg der Goldlieferungen von London – dem weltweit größten physischen Handelszentrum – nach New York, dem Zentrum des Terminmarktes, geführt. Da die Liquidität in London knapper wird, sind die kurzfristigen Kreditkosten stark gestiegen, was möglicherweise die Voraussetzungen für einen Short Squeeze schafft, indem Leerverkäufer in Schach gehalten werden.
Wird der Bär zurückschlagen?
Obwohl Trumps Herangehensweise oft als Ursache für geopolitische Instabilität angesehen wird, arbeitet er aktiv daran, Frieden in der Ukraine und im Nahen Osten zu vermitteln. Sollte dies gelingen, könnte dies dazu führen, dass Investoren Gewinne aus Gold mitnehmen, insbesondere wenn ein Abkommen mit Russland die Freigabe zuvor sanktionierter Vermögenswerte beinhaltet.
Die Realzinsen spielen trotz ihrer schwachen Korrelation mit den Goldpreisen ebenfalls noch eine Rolle. Die Erwartung längerfristig höherer Zinsen würde die Performance von Gold belasten, da es keine Zinsen abwirft. Wenn es der neuen US-Regierung hingegen gelingt, ihre Finanzen in den Griff zu bekommen, beispielsweise durch eine Senkung der Staatsausgaben, könnten US-Staatsanleihen als Reserveanlage wieder attraktiver werden.
Das Kapital könnte auch in andere Anlageklassen zurückfließen. In China beispielsweise haben nicht nur die Zentralbank, sondern auch die Privathaushalte Gold gehortet. Dies geschah vor dem Hintergrund von Turbulenzen auf dem Immobilienmarkt und schwachen Aktienmarktrenditen. Seit Jahresbeginn befinden sich chinesische Aktien jedoch in einem Bullenmarkt, der durch Zuflüsse in den Technologiesektor nach der Einführung von DeepSeek angetrieben wird. Wenn sich diese Rally fortsetzt, könnten die Privathaushalte einen Teil ihrer Gelder von Gold in den Aktienmarkt umschichten.
Wer wird das Gold beanspruchen?
Gold glänzt weiterhin und baut auf seiner starken Performance im Jahr 2024 auf. Zwar bestehen kurzfristige Risiken, doch der mittel- bis langfristige Ausblick bleibt optimistisch. Die Zentralbanken haben noch immer erhebliche Kapazitäten, um ihre Goldbestände zu erhöhen, die geopolitische Unsicherheit wird in einer multipolaren Welt bestehen bleiben und es gibt keine Anzeichen für eine deutliche Verbesserung der globalen Verschuldungslage. Wir bleiben strukturell positiv in Bezug auf Gold.